DUnkle Tage, viele Regenschauer. Wenn Ende Januar in Düsseldorf die Boot-Messe stattfindet, werden wieder etliche Besucher davon träumen, mit dem eigenen Segelboot in See zu stechen und so dem deutschen Winterschmuddelwetter zu entfliehen. Galt das Segeln noch vor 50 Jahren als elitäres Hobby, das einer kleinen, privilegierten Klasse vorbehalten war, haben sich die Vorzeichen inzwischen geändert.
Dank der seit Ende der 60er Jahre entstandenen Charterunternehmen sei der einst sehr elitäre Sportart für breitere Schichten zugänglich geworden, sagt Loïc Bonnet. Der Franzose ist Gründer und Chef des Bootsvermieters Dream Yacht Charter aus Brüssel.
Was 2001 mit gerade mal sechs Segelyachten auf den Seychellen begann, ist inzwischen dank zahlreicher Übernahmen zur weltweiten Nummer eins der Branche mit mehr als 130.000 Kunden jährlich geworden. Das Charterunternehmen, dessen Flotte mittlerweile aus mehr als 1000 Booten besteht, hat 2018 kleinere Konkurrenten wie Argos Yachtcharter und Touristik aus Wiesbaden, Vents de Mer aus Frankreich und Croatia Yacht Club aus Schweden gekauft.
Nun träumte Dream Yacht Charter davon, zum Airbnb der Meere aufzusteigen und hat deshalb im vergangenen Monat SamBoat aus Bordeaux übernommen. Das Start-up bietet seit 2015 nach dem Vorbild von Airbnb eine Vermittlungsplattform von Segelbooten zwischen Privatleuten an.
Trend zu Luxus-Erlebnissen
Selbst ohne Übernahmen seien die Wachstumsaussichten der Charterbranche gut, sagt Bonnet. In den vergangenen Jahren hatten Bootsvermieter wie Dream Yacht Charter stets ein zweistelliges Umsatzwachstum verbucht und selbst während der Finanzkrise 2008/2009 keinen Umsatzrückgang hinnehmen müssen. Für dieses Jahr rechnet Bonnet für sein Unternehmen mit einem Wachstum von 30 Prozent, sodass der Umsatz auf rund 145 Millionen Euro steigen dürfte.
Das Meer regiert noch immer viele Menschen zum Träumen an, meint der Gründer. „Luxus bedeutet heute, Orte, die kaum zugänglich sind, mit Leuten besuchen zu can, die man sich selber ausgesucht hat.“ Das sei mit Segelbooten am besten möglich.
Es gebe in der Konsumgüter- und der Luxusbranche einen Trend hin zu Erlebnissen, berichtet auch LVMH-Finanzchef Jean-Jacques Guiony. „In Zukunft wird Luxus nicht nur aus Luxusgütern, sondern auch aus Luxuserlebnissen bestehen.“ Da der weltweit größte Luxusgüterkonzern davon ausgeht, dass dieser Trend zunehmend an Bedeutung gewinnt, hat er gerade die Belmond-Gruppe übernommen, der unter anderem das legendäre Luxushotel Cipriani in Venedig gehört.
Die Charterbranche ist relativ zersplittert
Eine Segelyacht zu chartern ist im Vergleich zu einem Aufenthalt in einem Luxushotel deutlicher. Ein Lagoon-Katamaran mit vier Kabinen auf der französischen Karibikinsel Martinique etwa ist bei Dream Yacht Charter Mitte Januar bereits für 3725 Euro für eine Woche zu haben. Bei acht Mitseglern sind das 466 Euro pro Person.
Im Gritti Palace der Belmond-Gruppe in Venedig dagegen muss ein Gast zum selben Zeitpunkt pro Nacht 683 Euro zahlen.
Der Erfolg von Charterfirmen für Segelyachten erklärt sich jedoch nicht nur damit, dass sie Luxus bieten. So fehlen in etlichen Ländern Liegeplätze für Segelyachten. Allein in Bonnets Heimat Frankreich gibt es schätzungsweise 54.000 Liegeplätze zu wenig.
Trotz des starken Wachstums ist die Charterbranche noch immer relativ zersplittert. Neben Dream Yacht Charter gibt es nur zwei andere weltweit tätige Akteure: Sunsail und The Moorings. Beide gehörten zu TUI, bis der deutsche Touristikkonzern ihre Mutter, die Sparte Travelopia, für 318 Millionen Euro an die US-Finanzinvestorengruppe KKR verkaufte.
Die meisten Segelboote sind meist ungenutzt
Dream Yacht Charter wird bei der nun beginnenden Konsolidierung eine aktive Rolle spielen. Das übernommene Start-up SamBoat soll auch dabei helfen, die Digitalisierung voranzutreiben. Denn die wenigsten Kunden von Dream Yacht Charter buchen ihre Segelyacht bisher zu 100 Prozent im Internet. Der Charterspezialist wird die Plattform von SamBoat als globale Plattform für das gesamte Unternehmen nutzen und das bisher 20-köpfige Team des Start-ups in Bordeaux personell aufstocken.
Gleichzeitig wird Dream Yacht Charter also in das Geschäft mit der tagesweisen Vermietung von Booten einsteigen. SamBoat hat eine solide Basis dafür, die seit aus Privateigentümern, aber auch aus professionellen Anbietern bestehe, sagt Bonnet.
Wie Laurent Calando und Nicolas Cargou, die beiden Gründer von SamBoat, ist der Unternehmenschef überzeugt, dass Vermittlungsplattformen für Segelboote nach dem Vorbild von Airbnb gute Wachstumschancen bieten. Denn in Frankreich würden etwa die meisten Segelboote an weniger als 15 Tagen genutzt.
Dream Yacht Charter zieht es in die USA
Durch die Vermietung an eine andere kann der Besitzer zumindest einen Teil der Unterhaltskosten finanzieren. Calando kennt das Problem aus eigener Erfahrung. „Meine Familie unter anderem ein Segelboot, das im Bassin d’Arcachon lag“, berichtet er. „Wir haben es an vielleicht zwei, drei Tagen pro Jahr genutzt.“
Die Plattform von SamBoat bietet mittlerweile rund 25.000 Boote, deren Besitzern es ähnlich geht, zur Vermietung an. Das Start-up bezeichnet sich selbst als Unternehmen in Europa, genau wie Click & Boat aus Paris.
Dream Yacht Charter hat nun ehrgeizige Pläne für SamBoat. Das Charterunternehmen, an dem die börsennotierte französische Investmentgesellschaft Nextstage und der Katamaranhersteller Fountaine Pajot mit 51 Prozent beteiligt sind, will die Internationalisierung des Start-ups vorantreiben und mit seinem Angebot auch in den USA werben.
Quelle: www.welt.de